La Regione (29.11.2021) - The year that is about to end has been marked not only by the persistence of health alarms linked to the coronavirus pandemic, but also by a strong economic recovery in the United States and Europe, chiefly driven by the gradual reopening underpinned by the advancement of vaccination campaigns.
Besonders deutlich manifestierte sich dies am kurzen Ende der US-Zinskurve, war hier doch eine deutliche Lücke zwischen Einpreisung und Dotplot-Prognosen der Fed zu erkennen. Diese defensive Durationsausrichtung hat weiterhin Bestand und wird durch die vermehrten Diskussionen über die steigende Inflation zusätzlich untermauert. Auch wenn sich die Teuerung mittelfristig wieder stabilisieren dürfte, ist nicht davon auszugehen, dass die Verbraucher, die seit Beginn der Pandemie ihr Konsumverhalten angepasst haben, über Nacht wieder zu alten Mustern zurückkehren. Bestehende Engpässe könnten uns somit auf kurze Sicht weiter begleiten.
Die makroökonomischen Rahmenbedingungen schaffen unserer Meinung nach unverändert günstige Voraussetzungen für die Kreditmärkte. Zwar fahren die Zentralbanken ihre konjunkturstimulierenden Maßnahmen allmählich zurück, gehen dabei aber weiterhin mit Bedacht vor, sodass nicht mit einer deutlichen Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen zu rechnen ist. Somit können Anleger ihr Augenmerk vor allem auf die Fundamentaldaten von Unternehmen richten, die sich dank starker Gewinne und klugem Bilanzmanagement verbessert haben. Außerdem gilt es zu betonen, dass leichter Inflationsdruck durchaus auch ein Vorteil für Unternehmensanleihen sein kann. So deuten unsere Analysen darauf hin, dass sich die Teuerung auf mehr als 80% des Marktes für auf EUR lautende Investment Grade-Papiere gar nicht oder sogar positiv auswirken wird. Zu den größten Profiteuren steigender Zinsen zählen Finanzwerte. Nachrangigen Papieren aus diesem Bereich, insbesondere AT1- und High-Yield-Anleihen, sprechen wir mit Blick auf die aktuellen Bewertungen und deren solide Fundamentaldaten weiterhin hohe Attraktivität zu.
Hinterfragt man die Inflationsentwicklung der letzten Zeit, lässt sich erkennen, dass die Preise durch pandemiebedingt verändertes Konsumverhalten und daraus resultierende Engpässe in die Höhe geschnellt sind. Ein Beispiel: Seit Beginn der Pandemie ist die Nachfrage nach Produkten aus Asien gestiegen, was zu einem Ungleichgewicht im internationalen Außenhandel und explodierenden Transportkosten geführt hat. Zwar ist die Angst vor Corona inzwischen weniger omnipräsent, doch die Mobilität liegt nach wie vor unter dem Vorkrisenniveau. Dies bewirkt, dass die Anpassungen im Verhalten weiter spürbar sind, und könnte auch der Grund dafür sein, dass sich der Arbeitsmarkt trotz anhaltend starker Nachfrage nach Arbeitskräften noch nicht wieder vollständig erholt hat.
Das Verbraucherverhalten wird somit unserer Ansicht nach maßgeblich darüber entscheiden, wie lange die Teuerung über dem angestrebten Zielwert verharren wird. Kehren die Verbraucher beispielsweise nun, da das Infektionsgeschehen dank des weltweiten Impffortschritts unter Kontrolle scheint, in den kommenden Monaten zu alten Mustern zurück, dürfte sich parallel dazu auch die Inflation normalisieren. Diese These vertreten sowohl die Fed als auch die EZB, wie die jüngsten Prognosen dieser Währungshüter zeigen. Verfestigen sich diese Veränderungen in Verhalten und Nachfrage jedoch, müssen entsprechende Kapazitäten geschaffen werden, um sich auf diese neue Realität einzustellen. So schätzt man, dass die Halbleiterindustrie etwa zwei Jahre benötigen würde, um ihre Kapazitäten so auszubauen, dass die Nachfrage befriedigt werden kann. Sind erstmal ausreichend Kapazitäten vorhanden, würde der Preisdruck sinken und die Chancen stünden gut, dass die Inflation mittelfristig unter Kontrolle bleibt.
Außerdem darf nicht vergessen werden, dass moderater Inflationsdruck auch gute Seiten haben kann. Wie bereits erwähnt, ist der Anteil jener EUR-Unternehmensanleihen aus dem IG-Segment, der unter hoher Inflation leidet, eher gering. Schwierig wird die hohe Teuerung vor allem für jene Unternehmen, die stark auf Veränderungen bei den Rohstoff- und Energiepreisen sowie bei den Arbeitskosten reagieren. Im Gegensatz dazu dürften die höheren Zinsen die Rentabilität von Banken verbessern, während Öl- und Gasproduzenten vom Anstieg der Energiepreise profitieren. Was Staatsanleihen anbelangt, so spielt ihnen die Teuerung eigentlich in die Karten, könnte sie doch dazu beitragen, dass die Löcher im Budget, die die Staatshilfen während der Pandemie in die Haushalte gerissen haben, leichter wieder gestopft werden können.
Und für die Zentralbanken liefert die höhere Inflation möglicherweise ein willkommenes Argument, um ihrer Nullzinspolitik endlich den Rücken zu kehren. Dies würde ihnen auch den nötigen Spielraum für erneute Zinssenkungen verschaffen, sollte die Rezession wieder zuschlagen, und ihnen so neben der Bilanz ein weiteres geldpolitisches Instrument an die Hand geben. Viel entscheidender ist jedoch, dass nicht nur die Inflationsrisiken gestiegen sind, sondern sich auch die Rolle der Zentralbanken als Inflationswächter verändert hat. So orientiert sich die Fed nun an einem durchschnittlichen Inflationsziel (average inflation targeting), was ihr die Freiheit lässt, trotz des überdurchschnittlich hohen PCE Core Index (Verbraucherpreisindex ohne Lebensmittel und Energie) nicht zu aggressiven geldpolitischen Mitteln greifen zu müssen. Dies unterscheidet die aktuelle Situation deutlich von früheren Phasen hoher Inflation und sollte dazu beitragen, die Märkte zu beruhigen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir trotz der unlängst deutlich gestiegenen Inflationsängste zuversichtlich sind, dass sich die Preise mittelfristig wieder stabilisieren. Außerdem könnte sich der moderate Inflationsdruck zwischenzeitlich sogar durchaus positiv auf Unternehmensanleihen auswirken. Folglich behalten wir unsere positive Einschätzung zu Unternehmensanleihen bei und favorisieren High-Beta-Papiere wie nachrangige Schuldtitel aus dem Finanzbereich und High-Yield-Anleihen. Gleichzeitig sehen wir Spielraum für steigende Zinsen, vor allem am kurzen Ende der Kurve, da die konjunkturstützenden Maßnahmen der Zentralbanken allmählich auslaufen.
Philippe Graüb
Head of Global Fixed Income
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