Selten seit Beginn der globalisierten Finanzmärkte mangelte es den Aktienmärkten derart an Visibilität. Die allgegenwärtige Gesundheitsbedrohung und die sich häufenden geopolitisch instabilen Situationen haben die Kunst der Wirtschaftsprognose kurz- und mittelfristig enorm erschwert. 

In einem solchen Umfeld wären die Anleger gut beraten, jenen Unternehmen einen grossen Platz in ihrem Portfolio einzuräumen, die sich in ungewissen Zeiten am besten behaupten und auch trotz konjunktureller Rückschläge wachsen.

Die Frage ist, wie können solche Unternehmen identifiziert werden? Einige Anleger lassen sich bei ihren Entscheidungen von einem niedrigen Aktienkurs locken – das ist nicht immer das beste Kriterium. Oft widerspiegelt ein tiefer Preis vor allem eine mittelmässige Entwicklung einer Firma und ihr Unvermögen, die Lage zum Besseren zu wenden. In den letzten Jahren haben manche Investoren auf der Suche nach Zinsersatz das Kriterium der Dividendenrendite bevorzugt. Leider sagt auch die Grosszügigkeit einer Gesellschaft in Bezug auf die Dividende nichts über ihre Fähigkeit aus, ihr langfristiges Wachstum aufrechtzuerhalten.

Ein Indikator aber ermöglicht es, die Fähigkeit zur dauerhaften Mehrwertschöpfung präzise einzuschätzen: Der Cashflow Return on Investment (CFROI), sprich die Rendite auf das investierte Kapital. Damit ein Unternehmen wirklichen Mehrwert hervorbringt, muss seine Kapitalrendite seine Kapitalkosten übertreffen. Je grösser die Differenz zwischen diesen beiden Variablen, desto grösser die Fähigkeit des Unternehmens.
Auf diesem Gebiet haben sich Schweizer Firmen wiederholt behaupten können. Seit 1988 hat der SPI Index, der praktisch alle in Zürich kotierten Aktien beinhaltet, den globalen MSCI Weltindex in Schweizer Franken übertroffen, und zwar bei niedrigerer Volatilität. Setzt sich die vorgenannte positive Differenz während mehreren Zyklen fort, bestätigt sie die Wertschöpfungskraft der Schweizer Unternehmen, die ausserdem in einem langfristig robusten und stabilen CFROI zum Ausdruck kommt.

Auch amerikanische Unternehmen haben hohe CFROI-Werte zu bieten. Die gute Entwicklung dieses Indikators geht zu einem Grossteil auf die hohe Ausrichtung dieses amerikanischen Marktes auf innovative Technologien zurück, die zu den Sektoren mit der höchsten Mehrwertgenerierung gehören. Europa hingegen schneidet nicht besonders gut ab. Dem war nicht immer so. Zu Beginn der Nullerjahre wiesen die europäischen Märkte attraktive CFROI auf, obwohl sie während der Schwächephasen im Zyklus nach unten tendierten. Seit der Finanzkrise von 2008 hat die konjunkturelle Flaute, aus der sich Europa nicht zu befreien vermag, diese Dynamik scheinbar vernichtet. 

Die Schweiz, die zwar  ein anhaltend schwaches Wachstum verzeichnet, kann aber auf die Widerstandskraft einiger Schwergewichte im Index zählen. Die Sektoren Pharma, Gesundheitsdienstleistungen oder tägliche Verbrauchsgüter ermöglichten die Beibehaltung hoher CFROI-Niveaus. 

Dieser Vorteil ist den strategischen Entscheiden der Schweizer Unternehmen zuzuschreiben und in erster Linie ihrer internationalen Dimension. Wie kann eine Firma aus einem kleinen Land mit knapp 8,6 Millionen Einwohnern seine Wachstumsziele umsetzen, wenn nicht über eine internationale Ausrichtung, um neue Marktanteile zu gewinnen oder seine Produktion auszulagern?

Seit vielen Jahren schon herrscht in der Schweiz in Politik und Gesellschaft ein Konsens zugunsten einer liberalen Wirtschaftspolitik mit Produktionsstandorten im Ausland. Diese Strategie hat sich umso leichter durchgesetzt, da sie zumindest teilweise die fast ununterbrochene Aufwertung des Franken seit über zwanzig Jahren aufzuwiegen vermag. Ein weiterer Vorteil der starken Internationalisierung der helvetischen Unternehmen ist die Diversifikation ihrer Geschäftstätigkeit, die weitaus breitgefächerter als in anderen Ländern ist. Schweizer Unternehmen erzielen mehr als 90% ihres Umsatzes im Ausland, mit einer ausgewogenen Aufteilung der Standorte nach Regionen, beziehungsweise Industrie- und Schwellenmärkten.

Die anhaltende Stärke des Franken veranlasste diese Unternehmen auch zu einer kontinuierlichen Anpassungsfähigkeit. So konzentrieren sie sich auf Innovation und Nischenmärkte mit hohen Eintrittshürden, in denen sie eine hohe Preissetzungsmacht erlangen können. Die Suche nach diesem Mehrwert kommt auch in den für Forschung und Entwicklung (F&E) investierten Beträgen zur Geltung. 2017 kamen über zwei Drittel der landesweiten Unternehmensinvestitionen dem F&E-Bereich (22,6 Milliarden Franken) zugute. Gemessen an ihrem Umsatz geben Schweizer Unternehmen mehr als japanische oder amerikanische und weit mehr als ihre europäischen Gesellschaften dafür aus. Diese Bemühungen beschränken sich nicht auf die Pharmasparte. In der Verbrauchsgüterbranche investiert Nestlé einen deutlich grösseren Anteil des Umsatzes in F&E als seine ausländischen Konkurrenten.

Der gleichen Logik folgend begünstigen auch die hohen Löhne in der Schweiz die Suche nach  effizienten Produktionsprozessen. Kostenkontrolle und Produktivitätssteigerungen werden in der Schweiz nicht als potenzielle Sorgenquellen, sondern als  Disziplin betrachtet, Automatisierung als Notwendigkeit.

All diese Eigenschaften verleihen dem Gütesiegel «Swiss Made» in den Augen der Anleger und Konsumenten hohes Prestige. Diese Überlegungen verstärken auch die Priorität, welche Schweizer Geschäftsleitungen der Einhaltung von strikten Vorgaben in den Bereichen Umweltschutz, soziale Anliegen und Unternehmensführung einräumen.

Auf diesen besonderen Eigenschaften stützt sich auch die langfristig überdurchschnittliche Wertentwicklung der Schweizer Firmen ab. Qualität und langfristige Wertschöpfung verleihen dem Schweizer Markt seine Widerstandskraft und eines der höchsten risikobereinigten Haussepotenziale. In diesen unsicheren Zeiten sollten sich die Anleger vermehrt auf diese Vorteile besinnen. Dies gilt umso mehr als sich der Schweizer Markt weltweit sowie verglichen zum amerikanischen Markt und sogar zu seiner eigenen historischen Entwicklung, derzeit durch angemessene Bewertungen auszeichnet.