Die Erwartung weiter steigender Leitzinsen bewegt den Goldpreis. Die zehnjährigen US-Renditen haben diese Woche die Marke von über 3,4% überschritten und notieren nun auf dem höchsten Stand seit Juni. Der Goldpreis bewegt sich in die entgegengesetzte Richtung. Er ist von seinem Höchst im März von 1800$ pro Unze unter 1670$ gesunken. Das ist der niedrigste Stand seit April 2020.
In den vergangenen Wochen haben die Anleger ihre Goldbestände stetig abgebaut.
Daten der Commodity Futures Trading Commission zeigen, dass die Netto-Long-Positionen spekulativer Anleger im Goldterminmarkt in den vergangenen Monaten stark gefallen sind. Auch die Bestände der börsengehandelten Fonds (ETF) auf Gold wurden abgebaut. Die Anleger haben mit ihren Füssen abgestimmt und ihre Goldpositionen reduziert, weil das Zusammenspiel von hohen kurzfristigen Zinsen und rückläufigen Inflationserwartungen den Anreiz von Goldanlagen verblassen lässt. Auch der Optionsmarkt spiegelt diese neue Dynamik: Dreimonatige Risiko-Reversals – die Kombination von Long-Calls und Short-Puts –, die die Kosten einer Kaufoption von Gold mit einer Verkaufsoption vergleichen, sind in den vergangenen Wochen kontinuierlich gesunken. Dies bedeutet, dass die Anleger für die künftige Goldentwicklung weniger zuversichtlich sind.
Inflation
Die Märkte gehen davon aus, dass die Inflation in den USA im gegenwärtigen Zyklus ihren Höhepunkt bald überschreitet. Die Anzeichen scheinen diese Einschätzung zu bestätigen. Die Frachtkosten für den Gütertransport auf dem Land- und dem Seeweg sind gesunken. Daraus lässt sich schliessen, dass bei den Lieferengpässen eine gewisse Entspannung eingetreten ist. Die Wahrnehmung eines stockenden Wirtschaftswachstums liess auch den Ölpreis sinken. Diese Entwicklungen haben dazu geführt, dass sich die Realzinsen erhöht haben – damit sind die Opportunitätskosten für das Halten von Gold gestiegen. Derweil setzten die kurzfristigen Zinsen ihren Aufstieg fort, und die Inflationsprognosen bildeten sich allmählich zurück. Sie liefern auch die Erklärung für den Rückgang des Goldpreises in den vergangenen Wochen.
Es besteht durchaus die Möglichkeit weiterer Baissen mit dem Näherrücken des vierten Quartals.
Wenn das Fed seine Zinsanhebung ungebremst fortsetzt, werden die Anleger ihr Risiko an breiter Front reduzieren wollen. Eine Abnahme des Goldpreises auf 1650$ liegt durchaus im Bereich des Möglichen, aber ein stärkerer Einbruch ist unserer Ansicht nach unwahrscheinlich.