Das Jahr 2020 war ein echter Stresstest für Impact-Anlagen. Es war schwierig, ein Gleichgewicht zwischen positiver Wirkung und finanzieller Rendite zu finden.
Auf einen Blick
- Die Pandemie hat offenbart, wie gross die Kluft zwischen den verschiedenen Schwellenländern ist.
- Die Krise hat das ohnehin schon schwerwiegende Problem der Einkommensverteilung in vielen Schwellenländern noch verschlimmert.
- Wir unterteilen unser Anlageuniversum für die Zeit nach der Pandemie in drei Segmente: Sektoren, die sehr stark und negativ getroffen wurden; Sektoren, die von einer Wachstums¬beschleunigung profitierten; Sektoren, für welche die Pandemie nur ein Hindernis war und deren Wachstumsausblick nicht getrübt wurde.
- Unser Mapping der Nachhaltigkeitsziele ermöglicht gezielte Investitionen, um von den Treibern der verschiedenen Sektoren zu profitieren.
Eine Pandemie, ein Stresstest und die Zukunft
Das doppelte Mandat von Impact-Anlagen* wurde im Mai 2020 mit der Lancierung unseres Schwellenmarkt-Portfolios sogleich auf die Probe gestellt, war doch zu dem Zeitpunkt die pandemiebedingte Ungewissheit am höchsten. Die grösste Herausforderung war es, eine Vorgehensweise zu definieren, bei der sich Investitionen in Impact-Unternehmen und der Kapitalschutz in einem sehr volatilen Jahr die Waage hielten. Wir glauben, dass uns dies gelungen ist und unsere Strategie bereits im Anfangsstadium dieses doppelte Ziel erfüllte. Nun da wir die Pandemie besser im Griff haben, können wir über künftige Herausforderungen nachdenken.
Laut der Weltbank ist die Zahl der Menschen, die in extremer Armut leben, durch die Krise um mehr als 20% gestiegen.
Zum ersten Mal seit einer Generation hat das Ziel der Beendigung von Armut einen Rückschlag erlitten. In vielen Ländern wurden die jüngsten Fortschritte in der Geschlech-tergleichstellung wieder zunichte gemacht. Auch wird immer wieder gewarnt, dass der Rückgang der CO2-Emissionen während der Pandemie nur ein vorübergehendes Phänomen war und nur die richtigen politischen Massnahmen auf lange Sicht wirklich Abhilfe schaffen können. Der Privatsektor kann diese beängstigenden Probleme nicht allein bewältigen. Wir sind aber zuversichtlich, dass die Unternehmen in unserem Portfolio ihre Rolle erfüllen und sich als künftige Lösungs-finder* profilieren werden.
In diesem Beitrag werden wir auf die Entwicklung der Schwellenländer während der Pandemie eingehen und uns mit der Anlagetätigkeit in der Welt nach Covid-19 beschäftigen.
*Die Absicht, neben einer finanziellen Rendite mit seinen Investitionen eine messbare positive Wirkung für die Gesellschaft und die Umwelt zu erzielen.
**Unternehmen, deren Produkte und/oder Dienstleistungen sich positiv auf die Gesellschaft und Umwelt auswirken.
Die Schwellenländer haben die Covid-19-Pandemie unterschiedlich gemeistert. Erfahren Sie mehr dazu in unserem White Paper.
Impact-Anlagen in Schwellenländeraktien nach Covid-19
Wenn wir unser Anlageuniversum nach dem Ende der Pandemie einzuschätzen versuchen, nehmen wir eine Unterteilung in drei Segmente vor: Erstens, Sektoren, die sehr stark und negativ getroffen wurden und ihre Rentabilität mittelfristig wieder aufbauen müssen. Zweitens, Sektoren, die dank der Pandemie eine Wachstumsbeschleunigung verzeichneten. Drittens, Sektoren, für welche die Pandemie nur ein Hindernis war und deren Wachstumsausblick nicht getrübt wurde.
Die Konjunkturerholung nach der Pandemie: Ist es schon so weit?
Die Pandemie führte zu einem fast vollständigen Stillstand ganzer Branchen. Nur wenige waren stärker betroffen als der Mikrokreditsektor. Kleinstunternehmer in Ländern mit mittlerem und niedrigem Einkommen gehörten zu den wirtschaftlichen Opfern der Lockdowns. Wie der Chief Financial Officer von Gentera*** (eines der führenden Unternehmen im Bereich Mikrokredite in Lateinamerika und eine unserer Portfoliopositionen) zu Beginn dieses Jahres meinte: «Die Bereitschaft, ihre Kredite zurückzuzahlen, war durchaus noch vorhanden, doch hatten viele ihr Geschäft verloren.»
Dadurch geriet die Branche in eine sehr missliche Situation. Die Qualität der Vermögenswerte verschlechterte sich weltweit. Die Unternehmen sahen sich gezwungen, die meisten ihrer Darlehen zu restrukturieren, und die Zahl der notleidenden Kredite stieg deutlich an. Die Situation war sicherlich schwierig, doch kamen den Unternehmen, in die wir in diesem Sektor investieren, einige Faktoren zugute. Erstens: die Grösse. Die grösseren Akteure hatten bei der Finanzierung mehr Spielraum. In einigen Fällen hatten sie die digitalen Investitionen bereits getätigt und konnten so rasch zum Online-Betrieb wechseln. Dies war eine Gelegenheit, Marktanteile zu gewinnen. Zweitens: Die Nachfrage nach Mikrokreditpapieren blieb trotz der Schwere der Krise hoch und diejenigen, die Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten hatten, konnten eine Liquiditätskrise vermeiden.
Dennoch war es ein schwieriges Jahr, das zu einem Rentabilitätseinbruch führte (siehe nachstehende Grafik «Eigenkapitalrendite»). Die Aktienkurse schlugen dieselbe Richtung ein. Sie haben sich mittlerweile zu erholen begonnen, liegen aber noch deutlich unter ihrem Vorkrisen-niveau. Wir erachten dies als zyklische Gelegenheit. Sobald die einzelnen Märkte diese Krise überwunden haben, dürfte sich die Mikrokreditbranche kräftig erholen. Mikrokredite sind zwar nicht das Allheilmittel, für das sie einst gehalten wurden, sind aber ein wertvolles Finanzierungsinstrument, das Kleinstunternehmern in vielen Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen Flexibilität bietet. In dieser Funktion dürfte ihr Volumen in diesem Konjunkturzyklus deutlich steigen.
Auch der Bildungsbereich hat unter der Krise gelitten. Die Immatrikulationen neuer Studierender sind in vielen Ländern zurückgegangen. Angehende Studierende sind zu Recht darüber besorgt, nach ihrem Studium keinen Job zu finden, weil sie pandemiebedingt keine Lernerfahrung auf dem Campus machen können. Zudem mussten viele Anbieter von Hochschulbildung aufgrund von Anpassungen ihrer Studienprogramme oder weil sie – wie in Brasilien – gesetzlich dazu verpflichtet wurden, die Preise senken.
Der langfristige Ausblick für die Nachfrage bleibt jedoch unverändert. Die Immatrikulationen könnten aufgrund von Covid-19 zwar kurzfristig zurückgehen, doch sind die Gründe, die für eine höhere Ausbildung sprechen, in den Schwellenländern wohlbekannt und haben sich in den letzten zwölf Monaten nicht geändert.
Der Anteil der Bevölkerung, der eine Hochschulausbildung absolviert (Hochschul- oder Berufsabschluss), liegt in vielen Schwellenländern zwischen 10% und 30%, in vielen Industriestaaten jedoch deutlich über 40%. Einige Märkte – vor allem in Lateinamerika –, in die wir investieren, weisen die weltweit höchsten Bildungsrenditen für junge Hochschulabgänger auf, und dieser Anreiz bleibt bestehen.
***Gentera war ursprünglich eine NGO, wurde 2007 aber ein börsenkotiertes Unternehmen. Das Unternehmen ist ein Vorreiter im Bereich der Mikrokredite in Mexiko und konzentriert sich darauf, Frauen Finanzierungsinstrumente zu bieten, die sie für die Gründung und den Ausbau ihrer Unternehmen benötigen. Wir haben mit CFO Mario Ignacio Langarica Avila über den Wechsel des Unternehmens zu einem gewinnorientierten Konzern und die besonderen Herausforderungen im Zusammenhang mit Covid-19 gesprochen. Dieses Interview ist in unserem Impact Report 2020 zu finden.
Energiewende: 2030 und danach – Fortsetzung der Übergangsagenda
Eine direkte Verbindung zwischen Covid-19 und der Energiewende gibt es nicht, doch scheint die Pandemie als Katalysator gewirkt zu haben. Viele der Konjunkturpläne, die im Frühjahr 2020 weltweit angekündigt wurden, waren überraschend «grün» und lösten eine Neubewertung zahlreicher Hersteller von Elektrofahrzeugen sowie von Anbietern sauberer Energiequellen aus.
Ende 2020 gaben zuerst China, dann Japan und Südkorea bekannt, bis wann sie die Klimaneutralität erreichen wollen. Im Jahr 2021 schliesslich kehrten die USA an den Verhandlungstisch zur Bewältigung der Klimakrise zurück, setzten sich viel ehrgeizigere Ziele für 2030 und erklärten sich bereit, wieder die Vorreiterrolle beim Klimaschutz zu übernehmen. Derweil gaben viele andere Länder ambitio-niertere CO2-Ziele bekannt. Am 1. November 2021 treffen sich alle Länder zur UN-Klimakonferenz (COP26) in Glasgow. Hält die derzeitige Dynamik an, wird die überwäl-tigende Mehrheit der grossen Klimasünder mit revidierten, ehrgeizigeren Zielen aufwarten.
Vor diesem Hintergrund sind die Vorschriften für Unter-nehmen, welche die Energiewende erst möglich machen, vorteilhafter geworden und da viele langfristige Verpflich-tungen noch umgesetzt werden müssen, rechnen wir damit, dass der Trend hin zu einer günstigeren Regulierung anhalten wird. In der EU hat der CO2-Preis gerade zum ersten Mal die Marke von EUR 50 je Tonne durchbrochen. Dies wiederum wird noch mehr Unternehmen dazu veran-lassen, ihre Zukunftspläne zu überprüfen. Aus diesen Gründen gehen wir mit nahezu hundertprozentiger Sicherheit davon aus, dass der Anteil Elektrofahrzeuge am Transportmix deutlich zunehmen wird, und die aktuellen Aussichten für erneuerbare Energien könnten sich sogar noch verbessern.
Dies soll jedoch nicht bedeuten, dass wir um jeden Preis an diesen Trends partizipieren möchten, denn es kann durch-aus sein, dass einige Aktienbewertungen die jüngsten Verbesserungen bereits einpreisen. Allerdings dürften uns die zugrunde liegenden Trends viele Jahre lang begleiten, weshalb wir sie nicht als vorübergehende Modeerscheinung abtun sollten. So werden die europäischen Automobilhersteller mit Emissionsvorgaben für ihre Gesamtflotte zurechtkommen müssen, was ihnen in absehbarer Zeit keine andere Wahl lässt, als in Elektrofahrzeuge und Batterieanlagen zu investieren. Einige zur Batteriewertschöpfungskette gehörende Unternehmen, die wir halten, werden sicherlich von höheren Umsätzen profitieren. Und auch das Versprechen Chinas, bis 2030 den Emissionshöhepunkt zu erreichen, lässt sich nicht ohne einen grösseren Anteil an erneuerbaren Energien umsetzen.
Vom Rest das Beste
Durch die Pandemie haben sich zwar für viele Branchen die mittelfristigen Aussichten geändert, doch nicht alles ist anders.
Weltweit wurden dadurch unlängst erzielte Fort-schritte zunichte gemacht. So schätzt die Weltbank – wie bereits in der Einleitung erwähnt –, dass die weltweite Armut zum ersten Mal seit zwanzig Jahren wieder zugenommen hat. 1,4% der Weltbevölkerung sind infolge der Krise wieder unter die Armutsgrenze gefallen. Andere Bereiche werden vergleichsweise weniger stark betroffen sein. Das sehen wir auch in unserem Portfolio.
Im Gesundheitssektor investieren wir in Unternehmen, die ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung erhöht haben, um nichtübertragbare Krankheiten besser behandeln oder erschwinglichere Produkte für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen bieten zu können. Eines der Unternehmen in unserem Portfolio hat die erste kinderfreundliche HIV-Therapie entwickelt, mit der Kinder, die mit HIV geboren werden, besser behandelt werden können. Dies mag weniger dringlich erscheinen als einige pandemiebedingte Probleme, mit denen sich die Welt derzeit konfron¬tiert sieht, doch für die Betroffenen ist es wichtig und stärkt die Marktposition des Unternehmens.
Auch einige Infrastrukturinvestitionen sollten viel länger andauern als der aktuelle Zyklus. In der Wasserversorgung haben einige Unternehmen in Lateinamerika mit Dürren historischen Ausmasses zu kämpfen und haben längst damit begonnen, zu investieren, um diese Herausforderung zu bewältigen. Bei den Industrie-PCs liess die Nachfrage 2020 nach, erholte sich aber zum Ende des Jahres wieder, da sich die Unternehmen noch bewusster wurden, wie wichtig die Digitalisierung ihres Geschäfts ist. In der Abfallbewirtschaftung ist die Nachfrage nach besseren Lösungen weiterhin hoch. All diese Aspekte gehören zur Kategorie «langweilig, aber wichtig». Die Unternehmen werden – so hoffen wir – von langfristigen Trends profitieren, auf die sich die jüngste Krise nicht ausgewirkt hat.
Wie sich diese Trends in den Schwellenländern nutzen lassen
Unser Schwerpunkt liegt auf Impact Investing. Deshalb sind wir überzeugt, dass sich zahlreiche Gelegenheiten in Branchen eröffnen werden, welche die mehrjährigen Investitionszyklen im Zusammenhang mit den Nachhaltig-keitszielen der UNO zu nutzen wissen. Wie bereits erwähnt, handelt es sich um ein breites Universum mit verschiedenen Geschäftsmodellen. Diese reichen von Unternehmen, die weiterhin von höheren Wachstumsraten profitieren dürften (z. B. erneuerbare Energien), bis hin zu Unternehmen aus Branchen wie dem Bildungswesen oder dem Bereich der finanziellen Inklusion (z. B. mobiler Zahlungsverkehr, Mikrokredite und KMU-Finanzierung), die in der Pandemie zwar stark gelitten haben, in den nächsten Jahren aber sehr gut abschneiden dürften.
Um diese verschiedenen Gelegenheiten nutzen zu können, ist ein ganzheitlicher Ansatz notwendig. Dabei dienen uns die Nachhaltigkeitsziele der UNO als Wegleitung. Wir haben von unserer Zusammenarbeit mit der Investment Leaders Group (ILG) des Cambridge Institute for Sustainability Leadership profitiert, um die 17 Nachhaltigkeitsziele der UNO im Rahmen der folgenden sechs Themen aufzugreifen: Klimastabilität, gesunde Ökosysteme, nachhaltige Gemeinschaften, Grundbedürfnisse, Gesundheit und Wohlbefinden sowie inklusive und faire Volkswirtschaften.
Jedes Thema stellt eine Reihe von Nachhaltigkeitszielen, Unterzielen und Sektoren dar. Jedem Sektor wird ein eigenes Ziel und einen damit verbundenen Ziel-KPI zugeteilt. Der Prozess fliesst letztlich in jede Investition ein und führt zu einem KPI, der unseres Erachtens die Erfüllung unserer Absichten am genauesten misst und gleichzeitig die jeweilige Geschäftstätigkeit eines Unternehmens genau abbildet. Diese KPI leiten sich in der Regel direkt vom Unternehmen ab. Ist dies nicht möglich ist, setzen wir branchenspezifische Näherungswerte ein. Dies macht den Anlageansatz sehr effizient, da die Suche nach Anlageideen von diesen Branchen und nicht von der traditionelleren Aufschlüsselung nach GICS-Sektoren oder nach Regionen ausgeht.
Mit diesem Ansatz kann unser Impact-Team auch weiterhin im gesamten Spektrum der Nachhaltigkeitsziele die weltweit besten Unternehmen ermitteln und analysieren. Unser Engagement mit den global besten Lösungsfindern und künftigen Champions verschiedenster Technologiebereiche wird es uns erlauben, die Herausforderung des Impact Investing zu erfüllen – d. h. eine Rendite zu erzielen und gleichzeitig für eine nachhaltigere Welt zu sorgen.
Eli Koen
Portfolio Manager Emerging Market
Impact Equities
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Yvan Delaplace
Investment Specialist & Fund Analyst
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Mathieu Nègre
Portfolio Manager Emerging Market
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