Letzten Montag aber heizte ihm die Ankündigung des abgebrochenen «Waffenstillstands» im Handelsstreit zwischen den USA und China kräftig ein. Prompt verhängten beide Staaten höhere gegenseitige Strafzölle. Präsident Trump gab seinen Entschluss bekannt, die Zölle auf chinesische Güter im Wert von 200 Mrd. $ von 10 auf 25% anzuheben. Peking reagierte umgehend mit 25%igen Sätzen auf etwa 5700 Produkte für 60 Mrd. $ wirksam ab 1. Juni.
Obwohl Gold in jüngster Zeit die Rolle als Absicherung gegen geopolitische Turbulenzen nicht sehr verlässlich spielte, wurde die kurzlebige Hausse von neuen Spannungen genährt. Im Nahen Osten griffen vom Iran unterstützte Rebellen saudiarabische Öltanker und Anlagen an. Der Iran kündigte die Wiederaufnahme seines Atomprogramms an.
Am Dienstag beruhigten sich die Gemüter wieder, als Trump einen Rückzieher machte, den Handelsstreit als «kleines Geplänkel » bezeichnete und beide Grossmächte ihre Verhandlungen wieder aufnahmen.
Ausserdem forderte der USPräsident das Fed auf, mit China gleichzuziehen. Die dortige Zentralbank lockerte ihre Fiskalpolitik und weitete ihre geldpolitischen Stimuli aus. Die Märkte preisen 2019 sogar eine Zinssenkung durch das Fed ein, welche die Goldnachfrage ankurbeln sollte.
Der anhaltende Druck aus dem politischen und wirtschaftlichen Lager wird beide Seiten veranlassen, bis zum Treffen der G20-Länder am 28./29. Juni wenigstens den Grundstein für eine Einigung zu legen. Die Beilegung oder Abschwächung des Disputs würde China die nötige Unterstützung liefern, um sein Wachstum rechtzeitig zum 70. Jahrestag der Revolution von 1949 aufzupolieren. Auch Donald Trump könnte profitieren. Er beginnt bald seine Kampagne für die Wiederwahl und ihm fehlen Optionen zur Festigung der Wirtschaft (neue Steuersenkungen sind unwahrscheinlich).
Der Anstieg des Goldpreises konnte das Interesse der Anleger nicht neu entfachen, wie aus den ETF-Mittelflüssen abzulesen ist. Einige Regierungen dagegen häuften das Edelmetall fleissig an. China kaufte seit Anfang Jahr Gold, um seine Vermögensbestände ausserhalb des Dollars zu diversifizieren. Dieses Vorgehen sollte den Goldpreis weiter stützen. Die akkommodierende Geldpolitik und die recht lockere Fiskalpolitik werden als Preistreiber fungieren. Andererseits wird sich ein positiver Ausgang im Handelsstreit nachteilig auswirken, denn damit wird einer der grössten Unsicherheitsfaktoren des vergangenen Jahres verschwinden.
Névine Pollini
Equity Analyst